Lehrkräfte brauchen mehr Entlastung und Einbindung statt Schönrechnen der Lehrerversorgung

Bild: Angelika Aschenbach

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen hat heute eine Studie zur Arbeitszeit und Arbeitsbelastung hessischer Lehrkräfte am Beispiel Frankfurts vorgestellt, die von der Universität Göttingen durchgeführt wurde. An der Online-Befragung nahmen rund 1.200 Lehrkräfte aus Grundschulen, Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen und Gymnasien teil.

„Nach der heute vorgestellten Studie der Universität Göttingen im Auftrag der GEW Hessen fühlen sich 70 Prozent der Lehrkräfte stark belastet, 40 Prozent sehen für sich persönlich die Grenzen außerunterrichtlicher Verpflichtungen als überschritten an. Das ist ein Alarmsignal. Wir brauchen endlich wirksame Maßnahmen, bessere Arbeitsbedingungen und eine Anerkennung der Arbeit unserer Lehrkräfte“, fordert der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Christoph Degen. Laut Studie mache der Unterricht nur noch ein Drittel der Arbeitszeit aus. Dokumentationspflichten und Elternarbeit nähmen immer mehr Platz ein.

65 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer gaben zudem an, dass sie sich in der arbeitsfreien Zeit nicht erholen. „Für viele Lehrkräfte gibt es keine 5-Tage Woche. Aufgaben werden bis spät in die Abendstunden oder am Wochenende erledigt. Es ist kein Wunder, dass die Frankfurter Lehrkräfte deutlich höhere Burnout-Werte (56) haben als Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen (49) oder Baden-Württemberg (46). Wir brauchen echte Entlastungen und vor allem Wertschätzung, wie zum Beispiel die gleiche Bezahlung für Grundschullehrkräfte, eine bessere Kommunikation und Einbindung der Beschäftigten, anstatt sie freitagsabends über Schulschließungen und -öffnungen, die montags greifen, über die Presse zu informieren“. Viel zu oft habe der Kultusminister in den vergangenen Jahren den Schulen Mehraufgaben verordnet, ohne diese angemessen auszustatten.

Doch nicht erst seit Corona schrillen die Alarmglocken beim Thema Arbeitsbelastung von Lehrkräften. Die SPD-Landtagsfraktion fragt jedes Jahr nach den Überlastungsanzeigen eines Schuljahres. „Auch unsere diesjährige Kleine Anfrage zu Überlastungs- und Gefährdungsanzeigen von Lehrkräften im Schuljahr 2019/20 (Drucks. 20/3118) hat ergeben, dass im vergangenen Jahr 30 Anzeigen von Schulen beim Kultusministerium eingegangen sind, 19 davon zum wiederholten Mal. Die Maßnahmen der Landesregierung greifen offensichtlich nicht!“ Degen ist überzeugt, dass sie sich an den Arbeitsbedingungen an den Schulen vieles ändern müsse. Zu viele gut ausgebildete Lehrkräften hätten ihre Stunden reduziert und verzichten damit auf Einkommen, weil sie an ihre Belastungsgrenze kommen oder bereits überschritten haben. Mit besseren Arbeitsbedingungen würden sich auch mehr Teilzeitkräfte entscheiden, ihre Arbeitszeit aufzustocken und man könnte damit dem Lehrkräftemangel entgegenwirken.

„Der Kultusminister muss die Belastungen an unseren Schulen endlich ernstnehmen. Das Schönrechnen der Lehrerversorgung muss ein Ende haben. Eine statistische Lehrerversorgung von über 100 Prozent gibt es höchstens auf dem Papier. Zu viele Stellen sind nicht besetzt. Auch kann eine Berechnungsgrundlage hierfür, die noch aus dem letzten Jahrtausend stammt, keine Grundlage für das Jahr 2020 sein, wo in Schulen so viel mehr bewältigt werden muss als einfach nur zu unterrichten. Eine Entlastung von außerunterrichtlichen Aufgaben wie beispielsweise IT-Support und die Einführung einer flächendeckenden echten Schulsozialarbeit ist das Mindeste, das jetzt passieren muss“, so Degen.